Über Veranstaltungen mit unterschiedlichen Kooperationspartner:innen finden sie hier weitere Infos.

Bildungsinfrastrukturen der Moderne
Sabine Bitter & Helmut Weber,
Jeff Derksen, Maja Lorbek

2. Juni 2025

ÖGFA Infrastruktur und Transformation:

Sabine Bitter & Helmut Weber: Bildungsmoderne – Educational Modernism
Jeff Derksen: The Spatiality and the Temporality of the Educational Encounter
Maja Lorbek: Mapping Education, 1869–1970: Schools as Sites of Social Infrastructure, State-Building, and Liberation

Michael Klein: Moderation

Infrastrukturen sind nie nur als bloße technische Apparaturen zu verstehen – sie sind stets auch soziale Räume. Das gilt ganz besonders dort, wo diesen Infrastrukturen größere gesellschaftliche Bedeutung zugewiesen wird, die über die bloße Versorgungsleistung hinaus reicht: wie etwa im Bereich der öffentlichen Bildung, der in der Moderne nach 1945 eine besondere Aufmerksamkeit zukommt, die voll von Ambivalenzen ist – als Erziehung eines neuen Menschen, als Heranbilden einer künftigen Gesellschaft, als Mittel zur Emanzipation oder für den sozialen Aufstieg.
Seit mehr als zehn Jahren untersuchen Sabine Bitter und Helmut Weber – als Duo mit den Mitteln von Kunst und Fotographie, aber auch in Zusammenarbeit mit anderen – die Bildungsmoderne, als Raum der Universität innerhalb der Architektur der Moderne: etwa die Megastruktur der Simon Fraser University in Vancouver, die Campusarchitektur der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, die der University of Lethbridge, Alberta oder die Universität der Arbeitenden in Zagreb. Aus dieser Beschäftigung heraus entstand eine Reihe von Publikationen, die aus dem Hier uns jetzt einen Blick auf die Hoffnungen und Versprechen einer vergangenen Zeit werfen und deren dritter Teil soeben erschienen ist. 
 
Wie sich ein Wissen über Schul- und Bildungsbauten über die Jahrzehnte veränderte, wie es sich in den Netzwerken der Architektur ausbreiteten konnte, welche Rolle dabei transnationalen Zusammenschlüssen wie etwa der UIA (Union Internationale des Architectes) zukam und wie sich dieses Wissen um Typen, Modelle und Techniken auch in die nationalen Rahmenbedingungen der öffentlichen Planung einschrieb, damit beschäftigt sich Maja Lorbek im Rahmen des Projekts Transnational School Construction. Das Projekt der Bildungsmoderne, so zeigt sich hier, war ein inter-und transnationales und entwickelte sich in den in den Jahren des Kalten Krieges über die Blockgrenzen hinweg zu einem universalistischen Projekt des modernen Fortschritts. 
 
Die in Vancouver und Wien lebenden Künstler*innen Sabine Bitter und Helmut Weber arbeiten gemeinsam an Projekten, die sich mit der Frage befassen, wie Städte, Architektur und urbane Gebiete in Bilder umgesetzt werden. Sie arbeiten hauptsächlich mit den Medien Fotografie und Rauminstallation und befassen sich in ihrer forschungsorientierten Praxis mit spezifischen Momenten und Logiken des global-urbanen Wandels. Ihre aktuelle Forschung umfasst Projekte wie „Educational Modernism“,„Performing Spaces of Radical Pedagogies“ und „Shifting Perspectives: Maps, Spaces, Places and the Urban“. Sabine Bitter ist Professorin für Bildende Kunst an der Simon Fraser University in Vancouver.
 
Jeff Derksens Forschungen und kreatives Schaffen bewegen sich an der Schnittstelle von Poesie und Urbanismus. Zu seinen Gedichtbänden gehören Future Works, The Vestiges und Transnational Muscle Cars. Zu seinen kritischen Büchern gehören  After Euphoria und How High is the City, How Deep is Our Love. Zusammen mit dem Kollektiv Urban Subjects hat er The Militant Image Reader und Autogestion: Henri Lefebvre in New Belgrade herausgegeben. Derksen war Forschungsstipendiat am Centre for Place, Culture and Politics am The Graduate Center, CUNY. Er arbeitet an der Simon Fraser University und lebt in Vancouver und Wien.
 
Maja Lorbek studierte Architektur an der TU Graz und promovierte an der TU Wien. Derzeit leitet sie das FWF-Projekt „Transnational School Construction“(Forschungseinheit Kunstgeschichte, TU Wien). Sie ist Mitglied der Arbeitsgruppe „Residential Buildings and Architectural Design“ im Rahmen des European Network for Housing Research (ENHR). Ihre Forschungsinteressen umfassen die materielle, soziokulturelle und medial vermittelte Koproduktion der gebauten Umwelt, die transnationale Geschichte der Schularchitektur der Nachkriegszeit sowie Theorien des flexiblen Wohnens.

Nonsolution:
Zur Politik der aktiven Nichtlösung im Planen und Bauen
Gabu Heindl und Drehli Robnik

10. April 2025

ÖGFA Infrastruktur und Transformation:

Das erst kürzlich bei Adocs erschienene Buch Nonsolution. Zur Politik der aktiven Nichtlösung im Planen und Bauen ist ein Plädoyer für eine andere Planung: Gegen die als alternativlos dargestellte Maßnahme, gegen die verordnete Lösung bringen Gabu Heindl und Drehli Robnik Nonsolution in Stellung. Dabei meint Nonsolution entschieden nicht, dass es Lösungvorschläge nicht geben soll. Nonsolution ist vielmehr als eine demokratische Praxis zu verstehen, die dafür eintritt, die Probleme schon selbst zu stellen, ohne sie vorschnell zu lösen, die Verhandlungsraum einfordert, mutig Antworten gibt und dennoch auf Weiterentwicklung beharrt. Das Buch zieht dafür Facetten aus dem Denken Siegfried Kracauers heran und erschließt sie für den Bereich der Planung: Ein Argument für Planung als eine politisierte, das heißt konfliktuelle und zukunftsoffene Praxis. 

Mit: Gabu Heindl und Drehli Robnik
Moderation: Christina Linortner und Michael Klein / ÖGFA

Nonsolution. Zur Politik der aktiven Nichtlösung im Planen und Bauen (Adocs, 2024)
Gabu Heindl, Drehli Robnik 

Gabu Heindl ist Professorin und Leiterin des Fachgebiets ARCHITEKTUR STADT ÖKONOMIE | Bauwirtschaft und Projektentwicklung an der Universität Kassel. Als Architektin und Stadtplanerin betreibt sie das Büro GABU Heindl Architektur in Wien. Sie praktiziert, forscht und publiziert mit dem Fokus Wohnen, öffentlicher Raum und Verteilungsfragen in Architektur und Stadtplanung. Zuletzt erschienene Monografie: Stadtkonflikte. Radikale Demokratie und Architektur und Stadtplanung (2020) und der Studienbericht: Gerechte Stadt muss sein! (2022).

Drehli Robnik ist Essayist und Theoriedienstleister in Sachen Politik, Film und Geschichte sowie Edutainer und Musikveranstalter (Sonntag’sdisco). (Mit-)Herausgeber von Büchern zu Siegfried Kracauer, zu den X-Men und (2022 mit Joachim Schätz) zu Männergewalt im domestic thriller. Autor zu Monografien im Anti-Nazi-Widerstand, Jaques Rancière, Kontrollhorrorkino, Pandemie-Spielfilm sowie zu populärem Kino und Politik. Zuletzt: Flexibler Faschismus. Siegfried Kracauers Analysen rechter Mobilisierungen, damals und heute (2024). 

Baustelle Commune
Henri Lefebvre und die urbane Revolution von 1871

15. Dezember 2023

Kohlenrutsche und dérive – Verein für Stadtforschung laden zu: 

Buchvorstellung und Diskussion mit Moritz Hannemann, Klaus Ronneberger, Laura Strack und Jan Lemitz 

In Auseinandersetzung mit der Pariser Commune von 1871 entdeckt Henri Lefebvre das revolutionäre Potential urbaner Gesellschaften. Das Thema Stadt rückt ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Er begeistert sich für frühe Formen zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation und beschreibt die Bedeutung sozialräumlicher Widersprüche für die Entstehung staats- und machtkritischer Bewegungen.

Mit den gegenwärtigen Einhegungen von Stadt, öffentlichem Raum und urbaner Gemeinschaft durch Kapital, Technologie und Polizei werden Lefebvres im Vorfeld von 1968 notierten Beobachtungen wieder aktuell. Was ist aus seinen Beschreibungen der Pariser Commune für das Recht auf Stadt heute zu lernen? Welche Praktiken und Begriffe eines „revolutionären Urbanismus“ finden sich in zeitgenössischen Erfahrungen?

Infos zum Buch:

Baustelle Commune. Henri Lefebvre und die urbane Revolution von 1871, hrsg. von Moritz Hannemann, Klaus Ronneberger u. Laura Strack, mit Fotografien von Jan Lemitz und einem Vorwort von Ulrike Haß, adocs Produktion & Verlag, Hamburg 2023, 340 S.

On the Production of Architecture

10. November 2023

Mit: Marisa Cortright
Moderation: Michael Klein  / ÖGFA

Vortrag in englischer Sprache

„Stop Building Now“ might be read not only as an ecological call against the paradigm of endless growth, but also as an incitement to strike: Behind the production of architecture there are relations of production, or: labour conditions, wage schemes or commissional situations, that all remain unmentioned in the public debate. The claim for the great repair, the rebuilding of architecture articulated from all sides must not only concern the cities, the spaces or the role of the practice but in needs to be extended to the institutional self-understanding in the production of architecture, that is it needs to include all the participants and their relations of labour.

Does stopping building mean stopping working? How might calls for a moratorium on new construction amplify newly emergent labor organizing amongst architectural workers, and vice versa? What will architectural work look like after building, and can architectural workers position themselves as the arbiters of value in a post-building scenario?

Marisa Cortright is an architectural worker based in Zagreb. She is currently a Guest Researcher at ArkDes in Stockholm and the Guest Editor of the Avery Review at Columbia University GSAPP. In 2021, she published a book of essays, “‘Can This Be? Surely This Cannot Be?’ Architectural Workers Organizing in Europe” with the VI PER Gallery in Prague.

Jesko Fezer
Umstrittene Methoden

21.Jänner 2023, 19:30 Uhr

Buchvorstellung und Gespräch
Moderation: Brigitte Felderer 

Das Wohnprojekt Kohlenrutsche, dérive – Verein für Stadtforschung und die ÖGFA – Österreichische Gesellschaft für Architektur laden ein:

Jesko Fezer spricht anhand der Thesen des Buches Umstrittene Methoden – Architekturdiskurse der Verwissenschaftlichung, Politisierung und Mitbestimmung in den 1960er Jahren über parteiische Gestaltung und diskutiert Argumente für ein gesellschaftlich emanzipiertes Entwerfen.

Umstrittene Methoden

Das Design Methods Movement war eine sehr unbeliebte Bewegung, so unbeliebt, dass sogar ihre Begründer*innen sich bald von ihr distanzierten. Hartnäckige Auseinandersetzungen über die Art und Weise des Entwerfens legten die politische Dimension von Gestaltung sowie die Notwendigkeit sehr weitgehender Partizipation offen. Die Entwurfsmethodik problematisierte sich selbst und hinterfragte die neutrale Expert*innenrolle von Entwerfer*innen zugunsten offenerer und intensiverer Beziehungen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit – eine durchaus destruktive zentrale Forderung am Ende der Bewegung.

Jesko Fezers Buch Umstrittene Methoden folgt den Konflikten um die Begründbarkeit des Entwerfens von der HfG Ulm über Horst Rittel und Christopher Alexander bis zum Design Methods Movement und den dort engagierten Architekten wie John Habraken und die S.A.R, Yona Friedman oder die Architektur Machine Group. Dort wie auch im späteren deutschsprachigen Methodendiskurs um 1968, der von Jürgen Joedicke und der neugegründeten ARCH+ geprägt wurde, sowie im kaum aufgearbeiteten Feld der methodisch motivierten Anwaltsplanung – vom Architects’ Renewal Committee Harlem und Urban Planning Aid Boston bis zur portugiesischen SAAL – lässt sich eine verdrängte engagierte und (selbst-)kritische Gestaltungspraxis rekonstruieren. 

Jesko Fezer arbeitet als Gestalter zu gesellschaftlichen Relevanz entwerferischer Praxis. In Kooperation mit ifau realisiert er Architekturprojekte, ist Mitbegründer der Buchhandlung Pro qm in Berlin sowie Teil der Kooperative für Darstellungspolitik. Er gibt die Bauwelt Fundamente und die Studienhefte für problemorientiertes Design mit heraus. Er ist Professor für Experimentelles Design an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und betreibt mit Studierenden seit 2011 die Öffentliche Gestaltungsberatung St. Pauli.